Sprachnörgeleien 2214

Zugrunde liegender Roman: Hubert Haensel - Am Sternenriff

Titelbild

Klassisch schön. Zwei Kugelraumer unterwegs – besser hätte man den Roman nicht zusammenfassen können. ;-)

Klasse

S.26: „Die RICHARD BURTON und die GEORGE EVEREST“
So viel Liebe und Sorgfalt bei der Namensgebung kommt gut an. <idee>

S.48: „Im ultrahohen Frequenzbereich des hyperenergetischen Spektrums zeigten sich indes keine Auswirkungen, abgesehen von den enttäuschten Gesichtern der Wissenschaftler.“
Sachlich vielleicht angreifbar dieser Satzbau - aber sehr schön trocken formuliert. <st>

S.54: „Zeitweise erschien es, als wolle der Rumpf des Kugelriesen aufplatzen und die Eingeweide freigeben.“
Eine weitere schön trockene Formulierung <st> (allerdings reicht es, wenn es so ‚schien’, es brauchte nicht gleich ‚erscheinen’)

Sprachschnitzer

S.4: „Der Schädel des Sprechers wurde zu einem entsetzlich verzerrten Albtraum,“
Und je verzerrter der Albtraum desto weniger furchteinflößend, denn irgendwann erkennt man ja gar nichts mehr, was schrecken könnte. Oder sollte gar nicht der Traum verzerrt sein sondern der Schädel? <g>

S.35: „Beide Schiffe könnten mit Hilfe des Gravotron-Feldtriebwerks beschleunigen. Momentan zwar mehr recht als schlecht...“
Gebt Gummi! Unbedingt ausnutzen diesen Moment, bevor sie wieder nur ‚mehr schlecht als recht’ beschleunigen können! <idee>

S.43: „Die Massewerte entsprachen ungefähr einer Korvette.“
Was den Anzeigeinstrumenten ganz sicher nicht gut bekommen dürfte. Aber es ist zu hoffen, dass die Werte nur ‚denen’ einer Korvette entsprachen. <bg>

Wie bitte?

S.5: „Die Wiederherstellung des Wortlauts ist jedenfalls eindeutig. Die Rekapitulation stammt vom biopositronischen Segment LAOTSES“
Das ist sicher schön, dass dieses Segment rekapitulieren kann – aber wem soll es etwas nutzen, wenn ein verstümmelter Funkspruch wiederholt oder (noch mehr verkürzt) zusammengefasst wird? Gerade im Gegenteil: Es geht doch darum, ihn sinnvoll zu ergänzen, wiederherzustellen, wenn man so will: zu restaurieren. :-/

S.21: „Es gab keinen Grund daran zu zweifeln, dass die beiden Raumer der SATURN-Klasse nicht innerhalb Wochenfrist ins Solsystem zurückkehren würden.“
Dass sie nicht zurückkehren würden? Eine ziemlich pessimistische Sichtweise eigentlich. :-/

S.22: „Den qualvollen Laut, den du plötzlich zu hören glaubst, hast du selbst ausgestoßen.“
Wenn du – also ich – ihn selbst ausgestoßen hast/habe, dann hast/ habe du/ich ihn zwangsläufig auch gehört – da gibt es gar nichts zu glauben. :-/
Im Übrigen wirkt die Schilderung eigener Erlebnisse in der zweiten Person mehrfach im Roman deplaziert. Es wird nicht ersichtlich, warum der Erzähler diese merkwürdige Distanz zu sich selber herstellen sollte. 8-(

S.27: „Das Maximum beginnt für mich jenseits der 140 Prozent. – Hat noch jemand Einwände?“
Ja, Euer Ehren. Man kann ein Maximum nicht durch eine Untergrenze definieren. Sollte es bei 125 liegen, dann tut es das eben, markige Kommandantenworte hin oder her. <g>

S.30: „’Ich will einen Überlichtfaktor von einer Million sehen!’ drängte der Kommandant. ‚Mindestens!’“
Ist ja schon gut – aber wie wird man mit der Denkstruktur eines Vierjährigen ‚Kommandant’? <bg>

S.42: „Nach der Erneuerung etlicher Schwingquarze und der Beseitigung des ... Kristallstaubs hatte Julian Tifflor auf eine längere Überlichtetappe gehofft. Er wurde enttäuscht.“
Die Enttäuschung hätte er sich sparen können. Seine Hoffnung war schließlich durch nichts begründet. Bei der ersten Etappe gab es auch noch keinen Staub und alle Schwingquarze waren unverbraucht. Warum also sollte er jetzt eine bessere Leistung erwarten? :-?

S.49: „Irgendjemand stieß einen gurgelnden Ausruf aus. Zu dem Zeitpunkt mochten es schon zwei Dutzend Sonnen sein, die knapp zehn Lichtjahre entfernt erschienen waren.“
Sonnen deren Erscheinen für etwa diesen Zeitpunkt errechnet war. Nein, was für eine Überraschung! Und die meldet nicht etwa die Ortung ordnungsgemäß, sondern nach Dutzenden Sonnen wird erst mal gegurgelt. Das Ansprechen mit ‚Sir’ und Militärrängen hat offensichtlich die Disziplin nicht merklich vorangebracht. <bg>

Ganz erstaunlich

S.27: „Ein halb erstickter Schrei, vor Schmerz ausgestoßen und nicht enden wollend.“
Das heißt im Klartext, dass auch das Ersticken des Schreis nicht enden will? Dürfte in der Tat ziemlich komisch klingen. <g>

S.28: „...wo ist mein Mann?“
Li’an weiß, dass er bei der Geburt (die ja nicht nur aus der letzten Presswehe besteht) dabei sein wollte, fragt aber erstmals nach erfolgter Geburt überhaupt nach ihm. Das ist ziemlich unrealistisch. :-/

S.49: „Feindseligen Zusammenstößen ist auszuweichen. Ich erwarte vorerst keinen Kontakt sondern ausschließlich Daten.“
Das muss aus einem neuen Handbuch für den Umgang mit fremden Völkern sein. Wahrscheinlich steht da auch, dass bei freundlichen Zusammenstößen zwar bestimmt aber umgänglich darauf hinzuweisen ist, dass der Chef noch keinen Kontakt vorgesehen hat. Please hold the line. ;-)

S.49: „Der Mann an der Missionsstation der Schiffsverteidigung”
Lange Zeit ist sie nicht mehr aufgetaucht, die Missionsstation. Die Hoffnung, sie würde nun in Lambarene bleiben – wo sie schließlich hingehört – war verfrüht. Aber man soll die Hoffnung schließlich nicht aufgeben und vielleicht findet der Mann von der Schiffsverteidigung doch noch irgendwann einen adäquaten Arbeitsplatz. :-?

S.58: „Der Paratronschirm verfärbte sich und brach zusammen. Ungehindert schmirgelten danach die feinsten Materiepartikel über den Schiffsrumpf...“
Wer sortiert die denn und was macht er so lange mit den etwas gröberen oder vielleicht nur mittelfeinen Partikeln? <bg>

S.60: „Die Physiker verglichen Sol mit dem hell illuminierten holografischen Baum, der regelmäßig zur Weihnachtszeit hoch über dem Goshun-See schwebte. Diese Holoinstallation war mühelos und ohne Hilfsmittel sogar vom Mond aus zu erkennen.“
Vom Mond aus mit bloßem Auge im Lichtermeer von Terrania. Kann jemand die erforderlichem Lux auch nur annähernd schätzen? :-?

Schlusswort
Zum Inhalt: Äh, ja. B-(
Die mehrfach geäußerte Überzeugung, dass diese Hyperstürme noch Jahrtausende dauern können, erzeugt eiskalte Schauer. Nicht wegen der Stürme, sondern wegen der Aussicht, noch mehrfach Schiffe durch solch quälend langweilige Gefahren begleiten zu sollen. Aber wahrscheinlich gibt es auch dafür Fans. :-/
Da nichts passierte, konzentrierte sich alles auf die Frage, ob die EVEREST das Abenteuer überstehen würde, obwohl die Besatzung nicht namentlich genannt wurde und deshalb zum Opfertod prädestiniert war. :-/
In KNFs Logbuch war von einer besonders gelungenen Trilogie die Rede und der erste Band hatte zudem weitere hohe Erwartungen geweckt. Für mich wurden sie nicht erfüllt. =(

Diese Nörgelei wurde verfasst von Kritikaster