Sprachnörgeleien 2219

Zugrunde liegender Roman: Frank Borsch - Rorkhete

Titelbild

Romangetreu, aber leider farblich etwas zu blass. Und die verschwommenen Konturen machen das Motiv nicht geheimnisvoll, sondern nur unscharf.

Klasse

S.20: „Du greifst nach dem Mikrogravitator, den du mit dir trägst, solange du dich erinnern kannst, schaltest ihn aus....Dir ist, als hätte sich eine schützende Hand um dich gelegt.“
Während sonst eine Erhöhung der Schwerkraft immer als Mühsal und Belastung beschrieben wird, taucht hier einmal eine ganz andere Betrachtungsweise auf. Originell und schön. <st>

Sprachschnitzer

S.10: „selbst wenn ihre Psi-Fähigkeiten wider Erwarten hinter der Aichas zurückbleiben sollten.“
Entweder ‚ihre Fähigkeit’ oder ‚hinter ihren’. :-/

S.15: „Ich habe euch gerufen, weil ich euch etwas mitzuteilen haben.“
‚Wir’ haben, ich ‚habe’. :-/

S.22: „sammelte sich in großen, an Seen erinnernden Becken.“
Fantastisch – und so Scifi-mäßig. 6-n sozusagen als Endbuchstaben von aufeinanderfolgenden Worten. Aber 5-n wären in diesem Fall wirklich ausreichend gewesen. <g>

S.22: „Dann türmte sich die Stadt vor ihnen auf. Eine Pyramide, so hoch, dass die SHALAVDRA ihre Spitze streifen würde, behielt sie ihren Kurs bei.“
Konjunktiv! Ein schönes kleines –e hinten dran an ‚behielt’ wäre genehm. Sonst würde es sich als Prädikat auf das falsche Subjekt beziehen lassen müssen und man käme ins Grübeln über den Kurs der Pyramide. (Natürlich nur im Konjunktiv) <g>

S.45: „schob den Kristall in die dafür vorhergesehene Halterung.“
Ein wahrhaft weitsichtiger Mensch, der schon früh vorhergesehen hat, dass die Halterung irgendwann mal, ...äh – oder so. <bg>

S.48: „Sie zeigten verschiedene Szenen: ein schneebedeckte Gebirgskette, eine schmutziges, ruhiges Meer ....eine Stadtansicht...“
Irgendwie scheinen sich unbestimmte Artikel und Hologramme nicht zu vertragen. <bg>

S.58: „Jetzt schmerzen nicht nur mehr deine Füße....“
Nicht nur? Nicht mehr? Nicht nur mehr oder nicht mehr nur? <bg>

Wie bitte?

S.5: „Was jetzt folgt, tust du, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden. Dein Vater hat dich die Bewegungen gelehrt, noch bevor du sprechen konntest. Deine Finger betätigen die versteckten Öffnungsmechanismen in den Rippen deiner Jacke. Ein Dutzend Mal wiederholt sich der Vorgang, dann hast du alle Teile des Gestänges beisammen. Du setzt es zusammen.“
Darf man daraus schließen, dass Shoziden wesentlich später sprechen lernen als etwa Menschen? ;-)

S.18: „Das ist deine Heimat, sagst du dir. Deine Heimat. Du lässt das Wort in Gedanken widerhallen.“
’Das Wort’ sind immerhin ‚zwei Wörter’. Aber das Zitat verweist auf ein weiteres Ärgernis: Der nicht nachvollziehbare Gebrauch der zweiten Person. Dieser Gebrauch gibt eigentlich nur dann einen nachvollziehbaren Sinn, wenn die handelnde Person in besonderer Weise einen gedanklichen Abstand zu sich selbst, ihrem Handeln oder Teilen der eigenen Persönlichkeit (wie etwa einem Logiksektor) empfindet. Dann kann das durch diese Erzählform verdeutlicht werden. In letzter Zeit ist das fremdelnde ‚Du-Sagen’ zum ‚Ich’ aber in den Romanen zum inhaltsleeren Ausdrucksmittel verkommen, das gerade noch die Funktion hat, den gerade als ‚Du’ definierten ohne Namensnennung zu kennzeichnen. Unschön zu lesen. :-/

S.21: „Einige Minuten später kam Atlan zu ihr, nahm ihre Hand und sagte: ‚Ich bin gleich zurück.’ ‚Wo willst du hin?’, fragte sie. ‚Etwas suchen. Rohrkhete hat mich auf einen Gedanken gebracht.’ Atlan wandte sich ab und verließ die Zentrale, bevor sie die Sprache wiedergefunden hatte.“
Dass eine so simple Auskunft einer Frau die Sprache verschlagen sollte, das ist so unglaublich, dass es dem Leser beinahe die Sprache verschlägt. <bg>

S.28: „entwindet sich mir das Netz. Dennoch habe ich genug erfahren.’ ‚Auch was wir hier sollen?’, schaltete sich Atlan ein. ‚Zumindest den nächsten Schritt.’ ‚Und der wäre?’ ‚Wir lassen die SHALAVDRA zurück.’“
Na klar, denn wir finden etwas Besseres. Das aber erfährt Rohrkhete erst sehr viel später und deshalb setzt sich der Roman hier dem Vorwurf aus, plotdriven (pd) zu sein. :-/

S.53: „Die Schmerzen, die ihr Körper aussandte, kamen aus weiter Entfernung. Die letzten, kraftlosen Ausläufer einer Sturmwelle aus einer anderen Welt. Die Welle konnten sie nicht erreichen. Nicht hier in der Epha-Matrix,“
Eine wahrhaft merkwürdige Überlegung, denn mit Sicherheit wollten sie die auch gar nicht erreichen. :-/

S.56: „Der Verräter ist gesichtslos, und die Kybb-Cranar sind nur seine Gehilfen. Sie wissen nichts.“
Also sprach Zephyda und man möchte fragen, wieso sie, die doch gar nichts wissen kann, wissen will, dass andere nichts wissen. :-?

Ganz erstaunlich

S.6: „Nur, niemand wusste, welchen Kode das Werkzeug, das sie im Quartier ihres toten Peinigers gefunden hatten, ausstrahlen würde. Es konnte ebenso der Befehl zu einer tödlichen Injektion sein. ‚Wer will den Anfang machen?, fragte Atlan. ‚Ich’ antwortete eine Frauenstimme. Sie gehörte Aicha.“
Und was sagt daraufhin Atlan? ‚Danke für die mutige Geste, aber wir haben nur zwei Personen, die ein Raumschiff fliegen können und du bist eine davon. Wir dürfen solch ein Risiko nicht eingehen, du kommst erst dran, wenn wir sicher sind, dass alles in Ordnung ist.’ Oder? Nein, das wäre ja Logik. Stattdessen probiert er das ‚Werkzeug’ an ihr aus. Unfassbar. :-/

S.21: „Der Luftwiderstand war dabei eine zu vernachlässigende Größe gewesen. Beim Start war die zusatzliche Anstrengung, die er verursachte, in ihrer Aufregung und freudigen Erwartung untergegangen, bei der Landung in der viel größeren Anstrengung des Abbremsens.“
’Die zusätzliche Anstrengung, die der Luftwiderstand beim Abbremsen....äh....verursachte...’  hää? <bg>

S.58: „Die Statuen warfen lange Schatten im Licht des Mondes, der jetzt beinahe direkt über ihm stand.“
No comment. :-/

S.58: „Der Motana kehrte zu dem Alten zurück, legte ihn über die Schulter und ging zu der Statue. Er lud Resar auf dem Podest ab, wuchtete sich selbst hoch. Schweigend zog er den Alten herauf.“
Wenn der Sockel, auf dem die Statue steht, mit dem Podest identisch ist, dann liegt der Alte schon oben und braucht nicht mehr heraufgezogen werden. Steht der Sockel aber auf dem Podest, so ist das laut Roman noch mal ein Höhenunterschied von ‚Brusthöhe’ der Motana also etwa 1,50 Meter. Kriegt er Resar da wirklich noch ohne Hilfsmittel zu fassen? :-?

Schlusswort

Einige nette spekulationsanregende Informationen gegen Ende, eine Handlung, die durch Nebenhandlungen so weit aufgelockert wurde, dass sie flüssig zu lesen war und ein Schluss, der relativ untypisch war und schon von daher zu gefallen wusste. <st>

Diese Nörgelei wurde verfasst von Kritikaster