Im Visier 2204
Zugrunde liegender Roman: Claudia Kern - Planet der Mythen
Vorbemerkungen und Plot
Plot:
Apollo und Starbuck.... äh Rhodan und Atlan haben eine Bruchlandung hingelegt. Kereate hat nach einem letzten Orakel- spruch über eine Bastion scheinbar einen Totalschaden erlitten (von dem er sich wohl erst erholen wird, wenn sein Wissensstand inzwischen Allgemeingut geworden ist und spoilerfrei weiter- gegeben werden kann).
Nur noch in Besitz ihrer Starfleet-Uniformen überleben PR und Atlan die Eiswüste, erleben die Idylle und Freuden eines Lebens unter liebenswerten Inuits, nur der Wolf zum Tanzen fehlt, paddeln kurz mal zur nächst größeren Ansiedlung, von dort aus per Anhalter zu einer kleinen Trappersiedlung, um den letzten Rest des Weges zum rettenden Raumhafen hoch zu Ross zurück- zulegen. Dort wartet die Ohnmacht in Form eines Überfalls samt Paralysestrahl auf sie. (Ich würde liebend gerne jeden Autoren und Expokraten, der mit diesem höchst originellen und noch nie da gewesenem Schluss aufwartet, dazu verdonnern, 50 Euro in die Bier/Wein-Kasse zu spenden... ;-)
Tei 2
Rezension
Positives:
Claudia Kern kann schöne Romane schreiben. Oder (subjektiver): sie kann Romane schreiben, die ich schön und angenehm und flüssig zu lesen finde. Ähnlich wie eine McMaster Bujold wirkt ihr Stil für mich auf den ersten Blick einfach und zügig und vergnüglich zu lesen. Auf den zweiten Blick stellt man dann oft fest, dass das gar nicht so einfach zu bewerkstelligen ist.
Die "Kälte" der ersten Seite wurde recht anschaulich und gut vermittelt, ebenso wie die Idylle der braven Einheimischen, oder die Ungeduld der Terraner beim Warten auf die Gelegenheit zum Aufbruch.
Große Logikschnitzer sind mir kaum aufgefallen. Dass Rhodan und Atlan stundenlang in nassen Kleidern die -25 Grad Celsius Eiswüste überleben, führen wir halt auf ihre ZA zurück. Warum ihre nassen Kleider allerdings _getrocknet_ sind, ist schon ein größeres Rätsel. Doch ein Spezial-Wunderstoff von der Castor'schen Erfinderbank? ;-)
Negatives:
Der Roman war langweilig. Punkt. (Ich weis, das Autoren das Wort "langweilig" in Kritiken nicht hören wollen, weil es gemeinhin nicht als "konstruktiv" gilt. Leider oder tatsächlich vermittelt dieses "langweilig" aber genau mein Gefühl beim Lesen.
PR und Atlan in auswegloser Situation. Wie werden sie damit fertig, wie reagieren sie? _Wir_ - die Leser - wissen, dass ihnen nichts geschehen wird. Auch Agatha Christie, Tom Clancy oder Stephen King könnten da kaum „echte“ Spannung herausholen.
Schon der Kasten der Hauptpersonen verrät, dass keine für die weitere Handlung relevante Personen ihren Auftritt haben werden. Zwei unkaputtbare Helden auf einem Survival-Urlaub.
Ein wenig Stimmung kam nur auf, als die "Legende" erzählt wurde. Klang durchaus brauchbar, erinnerte aber leider auch sehr stark ausgerechnet an die Hintergrundstruktur des gerade abgelaufenen Tradom-Zyklus. (Nun gut, wenn das der beste Zyklus aller Zeiten war, ist es nur vernünftig, dessen Plot gleich noch mal zu recyceln... ? Oder doch nicht?)
Grundsätzlich halte ich die Entscheidung, diesmal PR und Atlan als Team zusammenzukoppeln für einen Fehler.
Es ist tatsächlich so, dass die beiden kaum je gemeinsam ihre Abenteuer erlebt haben, sodass die Kombination durchaus eine gewisse Originalität und Neuheit hat. Aber m.E. hat das meist getrennte Agieren der beiden ihren berechtigten und sinnvollen Grund.
PR und Atlan sind nun mal die beiden Alphamännchen der Serie, die beiden Aushängeschilder. PR als Namensgeber der Serie selbst, Atlan ebenfalls Zentralfigur einer eigenen 850 Hefte umfassenden Serie. Es gibt in der 43jährigen Geschichte PRs nicht viele Figuren, die sich als Träger einer "Spin-off" Serie eignen würden.
Daher machte und macht es Sinn, die (meist zwei) Handlungsebenen eines Zyklus auf PR und Atlan aufzuteilen. Dass sie jetzt gemeinsam agieren, entspräche wohl der Vorstellung, Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone gemeinsam in einem Film auftreten zu lassen. Conan und Rambo vereint. Jeder vernünftige Hollywood-Produzent würde abwinken (oder hätte vor zehn Jahren abgewunken), weil er wüsste, dass beide einzeln genauso viel Cashflow machen würden.
Ob eine vollständige zweite Handlungsebene um die SOL mit einem Tekener als zentraler Figur nicht etwas schwach besetzt ist, wird sich demnächst zeigen. (Oder bietet man uns Lesern diesmal nur eine "Großebene" MS und zwei "Kleinebenen" SOL und Alaska an?)
(Persönlich hätte ich es vorgezogen, wenn PR und Atlan nur eine Art Funktionstausch vorgenommen hätten. PR diesmal auf kosmischer Fahrt, und Atlan, der bodenständig in der MS für Ordnung sorgen sollte...)
Fazit:
Ich wünsche mir Claudia Kern im Autorenteam. Punkt. Unabhängig von Uschi Zietsch' Ausstieg oder eventueller Rückkehr.
Und ich wünsche ihr interessantere und aufregendere Exposes. Mehr als nur einen "Etappenroman". (Dieses Expose hätte ich als auserkorener Autor nach ein paar Tagen wohl zurückgegeben und mein Scheitern zugegeben, daraus einen für Leser interessanten und spannenden Roman zusammenzuschneidern.)
Saedelaeres und Monkeys groß angekündigte Rückkehr in den/ einen Schwarm wurde seinerzeit in drei Heften abgehandelt. Die Erkundung des Sternenozeans dürfte sich anscheinend etwas länger hinziehen.
Robert Feldhoff und Co tun mir ja leid. Egal, wie sie das "Pacing", das Tempo der Handlung, festlegen, da steht so ein nörgelnder Leser aus der Alpenrepublik auf und wirft ihnen vor, dass es "falsch" ist...
Aber wer hat schon ja garantieren können, dass das Schreiber- leben fair und gerecht und einfach ist? ;-)
Ein abschließender Vergleich mit einem Tradom-Roman? Da fällt mir der Goldgräber/Minensklaven-Ausbeuterroman von HoHo ein, die erste Erkundungsmission nach dem Durchbruch durch das Sternenfenster. Und den Vergleich gewinnt Claudia Kern spielend.
Denn aktiv schlecht oder auch nur schlecht geschrieben ist 2204 nun wirklich nicht.
So, das erste Doppelpack zur Demotivation hilfloser PR-Macher. (Aber wenn KNF im Verlag eine Sammlung durchführen lässt, kann man mich ja wieder in den fernen Süden zurückschicken, bzw. eine über den Winter gehende Verlängerung meines Urlaubes finanzieren...? wink... wink.... ;-) )
Rudolf
Dieses Visier wurde verfasst von Rudolf Thiess