Im Visier 2221

Zugrunde liegender Roman: H. G. Francis - Die Sekte erwacht

Vorbemerkungen und Plot

Plot:

Anschlag auf dem Schwarzen Brett:

Gastnoergler gesucht! Aufgrund schwerer beim Lesen von Band 2221 zugezogener Depressionen und einer damit verbundenen akuten Noergelblockade sucht verwaiste Rubrik einen teamfaehigen, vorurteilsreichen, ueber zuviel Zeit verfuegenden, mitleidlosen und nicht zu kraeftigen Gastnoergler. Juristische Vorkenntnisse zur Abwehr allfaelliger gerichtsanhaengiger Klagen der verunglimpften Parteien und ihrer mit Reichtuemern ueberhaeuften Anwaelte sind von Vorteil aber keine Voraussetzung.

Ewige Dankbarkeit des Hauptnoerglers und Plueschnormans und volle Salatschuesseln aus dem Publikum sind bei wohlfeilen Wortmeldungen sicher. Eine Abgeltung der investierten Lebenszeit und der verbrauchten Worte in Form bedruckter Papierschnippsel ist leider weder vorgesehen noch moeglich. Alternativ steht allerdings die Weitergabe eines groesseren Paketes wertvoller Aktien des fuehrenden terranischen Syntron-Herstellers CastorX & Co zur Disposition.

Tei 2

Zwei Tage spaeter:

Gastnoergler 1:

Uns ist in fernen maeren wunders vil geseit von helden lobebaeren, von grozer arebeit, von frouden, hochgeziten, von weinen und von klagen, von kuener singer striten muget ir nu wunder horen sagen.

Ez wuchs in Terrania ein vil edel magedin, daz in allen landen niht schoners mohte sin, Diarmont geheizen: si wart ein scone weip. dar umbe muosen degene vil verliesen den leip. Ir pflagen ene Norman edel unde rich, Homer unde Tiff, di recken lobelich, und Imberlock der flinke, ein uz erwelter flegel. die tsinga was ir swester, di mondra hetens in ir pflegen.

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"Lieber Walter von der Trauerweide, sehr schoen, aber leider entspricht das nicht ganz der Erwartungshaltung und dem vorgeschriebenen seichten Niveau dieser Glosse."

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Gastnoergler 2:

Wieder einmal ist HGF ein richtiger "Hammer" gelungen, ich kann den Roman nur jedem Leser ans Herz legen. Nahtlos setzt HG dort fort, wo seine letzten Romane geendet haben. Kaum zu glauben, wieviele Heilige Kuehe in diesem Kracher eines Romanes zu Bruch gehen...

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"Lieber KNF, aufgrund eines vermuteten Naheverhaeltnisses kann ich die ansonsten hervorragende Hymne an den besten PR-Roman der letzten Stunden, nicht in meine engere Auswahl nehmen."

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Gastnoergler 3: Leider muss ich auch in diesem Stueck deutscher gegen- waertiger Zukunftsliteratur den ungebremsten Hang zu Sexismus erkennen und eine nicht angemessene falsche und entwuerdigende Beschreibung der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Mondra Diamond, das abgelegte Weibchen des Chefs, die hilflos durch die Strassen ihrer Heimatstadt irrt, den Wundern der Technik nur Unverstaendnis entgegen- bringt, und den luesternen Angriffen diverser Schurken und notgeiler, ihren Verwahrungsorten entronnener Raubtiere ausgesetzt ist. (Zumindest hier draengt sich eine hoffentlich gewollte Gleichsetzung anerzogener maennlicher Lust- und Primatengefuehle, kurz der Libido des vermeintlich starken Geschlechtes, mit dem Verhalten instinktgelenkter, vernunftloser Tiere auf. Was fuer einen maennlichen Autor, der die Machtphantasien vor allem maennlicher Jungspunde bedienen soll, doch beachtlich und lobenswert waere.

Leider wird Mondra definiert als fliehende, stuerzende, fallende und stets hilflose Frau, die ihre beste Zeit bereits hinter sich hat, und stets fremder, meist maennlicher Hilfe bedarf, um sich gegen ihre Angreifer zu behaupten. Dabei zeigt sie eine zusaetzliche diskriminierende Lernresistenz, die viel eher auf den maennlichen Teil der Homo sapiens Population zutrifft.

Als Haustier wird ihr ausgerechnet der durch seinen Ruessel definierte Norman zur Seite gestellt. Ein zu klein geratener Elefant, der noch dazu nicht troeten kann! Was will der Autor uns wohl damit sagen? Werden hier die niedrigsten Instinkte maennlichen Chauvinismus blossgelegt? Haemisches Grinsen ueber eine dunkelhaarige "Blonde", die sich nicht einmal einen funktionsfaehigen Dildo anschaffen kann? Oder werden gar wiederum maennliche Vorstellungen von Tentakelsex bedient?

Aber wenden wir uns der zweiten "Anti"-Heroine zu. Eine angebliche faehige Wissenschaftlerin, die ueber Nacht den Verlockungen einer Sekte verfaellt, die innerhalb weniger Seiten unter Auslassung des Archetypen Hure direkt von der Mutter zur falschen Heiligen mutiert. Die ihr eigenes Kind verstoesst und sich abwendet.

Es ist ein erschreckendes, ein falsches Bild der Frau, das der Autor zeichnet, und es bestaerkt nur ueberholt geglaubte Vorurteile...

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"Liebe Alice, das ist ja recht interessant, aber noch interessanter waere es zu wissen, warum der Autor fuer Mondra keine Duschszene in den Roman geschrieben hat und dem TiBi-Zeichner die Gelegenheit gegeben hat, die verkaufte Auflage zu steigern. Es waere mir aber eine Ehre, deine Meinung zum naechsten Ascari da Gaukeley Roman zu erfahren."

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Gastnoergler 4:

Es ist schrecklich, was auf Terra vorgeht, immerhin der Hort der freien und zivilisierten Welt, das Zentrum eines Sternenreiches mit fast goettergleichen Faehigkeiten und Moeglichkeiten.

Und wie aeussert sich das?

Im Zeitalter lebensechter Robotnachbildungen, nicht von den Vorlagen unterscheidbarer Hologramme und (bis vor kurzem) fast unbeschraenkter interstellarer Reisemoeglichkeiten werden hilf- und wehrlose Tiere von ihren angestammten Welten und natuerlichen Umgebungen entfuehrt, ueber zigtausende Lichtjahre verschleppt und in die Energiekaefige eines Zoos gesteckt, der schon im Jahr 2004 nur als schreckliche Quaelerei fuer die einem geifernden Publikum vorgefuehrten Tiere gelten duerfte.

Da haben wir einen Nashorntiger, von dem es galaxisweit nur wenige Exemplare gibt, endemisch auf einer einzigen Welt im bekannten Universum. Nashorntiger leben bekanntlich in kleinen Familien, sind monogam und widmen sich ausfuehrlich der Pflege und der Aufzucht des Nachwuchses.

Was aber muessen wir ueber "unserem" Nashorntiger lesen? Er ist das _einzige_ Exemplar auf Terra, eingeschlossen in einem viel zu engen energetisch abgesicherten Habitat, einem besseren Kaefig. Kein Wunder, dass nach vielen Jahren dieses Martyriums das Tier aggressiv wird und zu fliehen versucht.

Oder die Steinechse, die sich Gaenge und Schaechte unter den Suempfen ihrer Heimatwelt graebt, um dort ihre Eier zu vergraben. Ihre empfindlichen Grabwerkzeuge sind ueberhaupt nicht fuer den harten, teils betondurchsetzten Untergrund einer Grossstadt geeignet. Ausserdem wissen wir, dass Steinechsen sehr empfindlich auf Stresssituationen reagieren und nicht selten sogar an Herzinfarkten sterben.

Ganz zu schweigen von dem als Haustier missbrauchten Klonelefanten Norman, der in einer _Wohnung_ gehalten und mit _Keksen_ gefuettert wird. Kaum eine ausgewogene Kost fuer ein Tier, das in seinen natuerlichen Habitaten an einer voellig anderen Stelle der Nahrungskette steht. Welchen Stellenwert natuerliche Refugien und Lebenszonen fuer die letzten verbliebene Wildtiere auf Erde einnehmen, sieht man schon an der Tatsache, dass ein 17-jaehriges Kind in einem angeblichen "Vorzeigepark" den ressorteigenen "Biologen" spielen darf. Wollen wir hoffen, dass er sich zumindest zeitweilig vom Streichelzoo entfernt und seine Nase auch mal in ein wenig Fachliteratur steckt, damit er spaeter einmal tatsaechlich einen entsprechenden Berufszweig einschlagen kann.

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"Lieber Doktor Grzimek, das ist ja alles sehr interessant, aber ich werde das Gefuehl nicht los, dass Sie sich nicht auf das Wesentliche des Romans beschraenken. Trotzdem waere ich aber an ihrer Fachmeinung ueber Marschiere-Viels und Konquestoren interessiert."

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Gastnoergler 5:

Mit tiefer Sorge erfuellt mich das Bild der terranischen Gesellschaft. Politiker aller Farben sind aufgerufen der bedenklichen Entwicklung entgegenzuarbeiten. Es darf nicht sein, dass mehr und mehr Freie Terraner unter die Armutsgrenze fallen, ihre Jobs verlieren, ihren Halt in der Gesellschaft, und dann den Einfluesterungen dubioser Heilsverkuender verfallen. Es darf nicht sein, dass immer mehr junge Leute von einem ausreichenden Bildungsweg, einer akademischen Ausbildung ganz zu schweigen, ausgeschlossen sind, weil deren Kosten angeblich explodieren und nur noch Kinder betuchter und williger Eltern die notwendigen Mitteln aufbringen koennen. Grosse interstellare Zusammenarbeit ist gefragt und das Gebot der Stunde.

Und auch jeder einzelne ist gefragt! Nur dann werden wir morgen noch stolz undmit aufrechtem Gang aufblicken koennen und sagen: Ja, ich trage auch ein T-Shirt! Demagogen und Populisten duerfen nicht zerstoeren, was Maenner wie George Nelson, Wally Klackton, Galto Quohlfahrt oder Brazos Surfat aufgebaut haben.

Grosse Anstrengungen, viel Fleiss und noch mehr T-Shirts, das sind die Faktoren, auf denen der zukuenftige Wohlstand der LFT aufgebaut sein wird. Die Politik wird dabei auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Leider klingt das im vorliegenden Roman nur am Rande durch, zuviele Haeuser stuerzen ein, zuviele unnoetige Kilometer werden zurueckgelegt...

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"Lieber Thomas, Gerhard, Johannes, leider habe ich bereits 25 fast gleichlautende Noerglereien aus saemtlichen Parteizentralen vor mir liegen."

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Gastnoergler 6:

Und wieder einmal wird ein voellig falsches Bild von Menschen gezeichnet, die ihren eigenen Weg gehen wollen, die sich durch aktives Mitdenken und kreativer Entfaltung ihrer psychischen Moeglichkeiten von der Masse traeger Mitmenschen unterscheiden. Wieder einmal wird die "boese Sektierer-Keule" ausgegraben und Menschen werden angeklagt und vorverurteilt, nur weil sie die ersten sind, die die Wahrheit erkennen, weil sie den Mut aufbringen, diese Wahrheit auch weiterzugeben, und sie in den Herzen und Gedanken der einem blinden Staatsglauben gehorchenden Massen zu verankern.

Worin liegt den die angebliche Schuld, das Verbrechen, der Gon-Orbhon Juenger? Dass sie der von den Kosmokraten ausgebeuteten und fallengelassenen Menschheit einen neuen Weg anbieten, so viele von diesen Menschen wie nur moeglich _retten_ wollen, wenn der Tag des grossen Urteils kommt, was viel frueher geschehen mag, als die kleinglaeubigen Politiker und die abgehobenen Unsterblichen fuer moeglich halten?

Keine Sekunde lang gelingt es dem Autoren, den verfolgten Gon-Orbhon Anhaengern Sympathie und Verstaendnis zukommen zu lassen. Er verliert sich in Einzelbilder, die die nicht zu leugnenden Verfehlungen einiger wenigen aufzeigen. Kein Wort ueber die zahlreichen Sozialleistungen, die Gon-Orbhon seinen Anhaengern zur Verfuegung stellt, nichts von den Schulen fuer Mittellose, den Spitaelern, den Unterkuenften, die Obdachlosen und Vertriebenen kostenlos zur Verfuegung gestellt werden. Nichts von der psychologischen Beratung, die allen Verwirrten und Unschluessigen angeboten wird. Nichts vom grossartigen Gruppenerlebnis, das jeder verspuert, der einmal die Waerme und Weichherzigkeit eines Carlosch Imberlock miterlebt hat.

Oder betrachten wir das Unverstaendnis, das Bre Tsinga entgegengebracht wird. Anstatt zu akzeptieren, dass eine faehige und interstellar anerkannte Wissenschaftlerin sehr wohl imstande ist, eine vernuenftige und durchdachte Entscheidung zu treffen, ihre Zusammenarbeit mit der neuen Religion also eigentlich nur positiv zu bewerten ist und einen Beweis fuer die Ehrlichkeit und Notwendigkeit des Gon-Orbhon Glaubens darstellt, wird nur von Irrglauben, Verblendung und Beeinflussung gesprochen.

Gezielt und perfide wird hier den Lesern ein voellig falsches und verzerrtes Bild geboten. Aus Helden werden Attentaeter, aus manipulierten Buergern, die mehr einer Schafherde unter der Fuchtel Homer Adams gleichen, angebliche Opfer.

Nun, wenn erst einmal Norman zum Glauben Gon-Orbhons konvertiert, werden auch die bis dahin Unglaeubigen erkennen, was richtig und falsch ist. Und die falschen alten Goetter und ihre Verwahrer, die Unsterblichen, davonjagen.

Auf diesen Roman freue ich mich schon heute.

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"Lieber Ron, kann es sein, dass Du ein klein wenig voreingenommen bist? Bre Tsinga ist uebrigens kein geeigneter Tom Cruise Ersatz."

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Gastnoergler 7:

Voll geil das Ganze. Endlich mahl ein paar Terrahner, die sagen, was Sache ist. Weg mit dem Secktengesindel, die haben doch alle Dreck am Stecken. Die Tussi vom Boss schnallt es woll schon langsam, aber dieser Tiff, was ist das fuer ein alter Sack, der soll sich in seiner Kruft vergraben. Aufhaengen ist noch viel zu gut fuer die komischen Priester. Der Nashorntieger haette ruhig ein paar von den komischen Heinis plattmachen koennen. Aber sonst war's schon ein cooles Fehling, als meine Freundin mir den Roman vorgelesen hat. Besonders als der olle, fade Saenger wegdesintegratiert oder wie immer das heisst wurde.

Einstuerzende Neubauten und Tinosaurier, die sich durch die Erde graben, das ist ja besser als Tschuraessic Park.

Kann man so 'nen Klohnelefanten eigentlich auch bei uns kaufen? Stell' ich mir irre cool vor...

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"Lieber Gastnoergler. Leider sehe ich keine grosse Zukunft in unserer Zusammenarbeit. Deine Meinung zum Roman sei Dir unbelassen, aber in mancher Hinsicht moechte ich mich doch von ihr distanzieren. Ich hoffe auf Dein wohlwollendes Verstaendnis..."

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Okay, ich sehe schon, das wird nichts. Da werde ich mich doch kurz hinsetzen muessen, den Roman noch mal kurz ueberfliegen und selbst einige Worte formulieren muessen, die so gewaehlt sind, dass nicht zwangslaeufig ein paar Herren in Schwarz von VPM angeheuert werden, um mir die neueste Generation ihres Blitz-Kugelschreibers vorzufuehren.

...Moment, es klopft gerade an der Tuer...

So, nach der harmlosen Plauderei ueber den Plot jetzt die ernsthafte Vernichtu... aeh Betrachtung des Heftes.

Entgegen meinen sonstigen zumindest rudimentaeren Bemuehungen um ein klein wenig Objektivitaet, will und kann ich diesmal diesen Anspruch nicht mal ansatzweise erfuellen.

Ich kann keine positiven Eindruecke herbeischreiben, die ich nicht vorgefunden habe. Was aber vor allem an mir liegen wird.

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Rezension

Positives:

Also... naja... aeh... natuerlich gibt's auch viel Positives ueber 2221 zu sagen. Zum Beispiel... nun...

Ich habe das Heft puenktlich bekommen. Das Manuskript scheint nicht kuerzer als andere zu sein. Es enthaelt m.E. auch nicht mehr Tipp- und Druckfehler.

Weder degenschwingende Affen noch irgendwelche Schwingungs- wissenschaftler haben Auftritte. Galto Quohlfahrt steht nicht von den Toten auf.

Wortschatz, Satzlaengen, Interpunktion sind durchaus zufrieden- stellend. Einzelne Saetze sind zumeist vollstaendig, syntaktisch korrekt und ergeben fuer sich selbst betrachtet Sinn.

Norman rettet nicht das Universum.

Neutrales:

Das Manuskript duerfte nicht kuerzer als andere zu sein. Das TiBi ist deutlich ansprechender als das der letzten Woche. Objektiv gesehen ist der Roman vermutlich auch nicht viel schwaecher als "Der Traum von Gon-Orbhon". Und viel von der Unzufriedenheit duerfte davon herruehren, dass das Sekten- thema, Gon-Orbhon und die vernunftschwachen, leicht verfuehrbaren Terraner, kein besonders ansprechendes oder gar vielversprechendes Ausgangsmaterial bildet.

Auf noch nicht bekannte Art und Weise ferngelenkte Sektierer erbauen sich einen Goetzentempel.

Ein einzelner Satz reicht durchaus aus, um den den relevanten Inhalt des gesamten Heftes ausreichend zu beschreiben.

Aus dieser Praemisse viel Lesenswertes hervorzuzaubern, duerfte tatsaechlich nicht leicht sein, vor allem, weil ja keine weiteren Details oder Hintergruende vorweggenommen und verraten werden durften.

Negatives:

Das Manuskript ist leider nicht kuerzer als andere.

Nachdem ja schon einiges nicht besonders Ermunterndes zu dem Roman gesagt wurde [in der NG und im NGF], versuche ich mich mal moeglichst kurz und zusammenfassend zu halten.

- Mondra Diamond, Staatssekretaerin fuer nicht genau bestimmte Angelegenheiten, besucht eine Fabrikseroeffnung fur Positronik- teile. Mondra scheint viel Zeit zu haben. Wenn sie nicht gerade nach ihrer Freundin Bre Tsinga sucht.

- Auf die Fabrik wird ein Anschlag veruebt. Mondra entgeht nur knapp dem Tod. (So weit so gut!)

- Gon-Orbhon Juenger lauschen einer Predigt. Ein junger Mann beginnt zu singen, irritiert die Zuhoerer und wird von einigen Leuten in einem Gleiter entfuehrt. (Warum nicht?)

- Mondra spaziert nach dem Anschlag von dannen. Weil sie vermutlich noch viel mehr Zeit zum Totschlagen hat, geht sie zu Fuss. Dabei wird sie von einem Nashorntiger angegriffen. Ein Tier, das nur 70000 LJ von der Erde entfernt beheimatet ist. (Sachen gibt's, die gibt's gar nicht, aber auch der Zufall hat schon mal einen Zug zum Entgleisen gebracht.)

- Der junge entfuehrte Saenger wird zu seinem Vater gebracht, der fuer die Gon-Orbhon-Anhaenger einen Grossauftrag durchfuehren soll, und der zufaellig der Besitzer der Positronikfirma, die gerade eben sabotiert wurde, ist, und seinen Sohn keinesfalls in einer Casting-Show wiederfinden will. Er stellt dem Sohnemann ein Ultimatum und will dessen Studium und Auskommen nicht mehr finanzieren, wenn der sich ihm nicht voellig unterordnet. Die Mutter zieht dabei im Hintergrund die Faeden. (Ein Familien- zwist. Nun, auch das wird's 1330 NGZ geben. Aber der Zugang zu LFT-Schulen und Universitaeten scheint ganz schoen an die finanziellen Aufwaendungen der Eltern oder der Studenten gebunden sein. Stipendien und freies Studium duerften als ueberholte, unfinanzierbare Fantastereien abgeschafft sein.)

- Im letzten Moment wird Mondra gerettet. Von Bre, die von einem Gleiter aus den exotischen Tiger betaeubt und von dannen fliegt. (Die Welt ist klein, Terrania noch kleiner, also warum nicht.)

- Der Boden unter Mondra bricht ueberraschend auf und verschluckt sie und ein paar Passanten. Sie stuerzen in einen unter- irdischen Schacht. Eine monstroese Steinechse greift sie an. In wenigen Momenten wird es um Mondra geschehen sein. (Warum soll nicht auch Mondra mal in Gefahr geraten? Passiert doch ohnehin nur ganz selten.) (Erst das dritte Mal innerhalb von 20 Seiten.)

- Der junger Saenger stoert ein weiteres Mal eine Versammlung der G-O-Anhaenger. Und bezieht von in ihrer Konzentration gestoerten Sektierern eine ordentliche Pracht Pruegel. Brave Buerger Terranias eilen ihm zu Hilfe und schlagen ihrerseits die Sektierer zusammen. (Ein flinkes Kerlchen, dieser junge Mann. Stoert zwei Versammlungen, wird vom eigenen Vater entfuehrt, seine Welt bricht irgendwie zusammen, und das alles, waehrend Mondra einen kleinen Spaziergang mit Zwischenfaellen macht.)

- Mondra wird gerettet. (Ueberraschung!) Tifflor, der als Krisenmanager nichts Besseres zu tun hat, als seiner Sekretaerin aus diversen Notlagen zu helfen, holt sie aus der Grube. Und oben stuerzt sich Norman freudestrahlend aus einem Gebuesch. (So ein staendig zu Frauchen teleportierender Hauselefant ist schon etwas Feines. Es wird Zeit, dass Mondra mal ein paar PSI-Tests mit ihm macht.)

- Ein paar Haeuser stuerzen zusammen. Die Schaechte, die die aus dem nahen Zoo entlaufenen Steinechsen gegraben haben, waren zuviel. Aber die Passanten schieben den G-O-Leuten die Schuld zu und schreien nach Lynchjustiz. (Mit irgendeiner Freizeitbeschaeftigung muessen die armen Verrueckten sich ja beschaeftigen.)

- Mondra und Norman machen sich wieder auf die Socken. Sie stossen auf eine Gruppe Leute, die auf einige Sektierer einschlagen und sie anscheinend umbringen wollen. Gutmensch Mondra will sie aufhalten und ihnen erklaeren, wie falsch das ist. Die Menge sieht das ein wenig anders und will jetzt Mondra zusaetzlich aufhaengen. Und wieder sieht sie ihr letztes Stuendlein gekommen. (Es gibt halt Tage, da sollte man besser gar nicht aufstehen. Ein Tag im Leben der Mondra Diamond, aber auch so richtig aus dem Leben gegriffen.)

Waehrend die Lynchmeute Mondra den Strick anlegt, koennen die Sektierer fliehen. Nur Mondra aufzukuepfen macht dem Mob nicht genug Spass, also lassen sie sie gehen.

(Wir sind inzwischen auf Seite 26 angelangt, nur damit keine falschen Vorstellungen entstehen.)

Damit diese Nachbetrachtung nicht laenger als der Roman selbst wird, jetzt im absoluten Schnelltempo weiter:

Sektierer lassen innerhalb von wenigen Tagen mittels bester High-Tech einen duesteren Tempel bauen. Reden viel vom Untergang, allen voran Bre, die ein paar Worte mit Mondra wechselt. Eine Konfrontation, auf die wir Leser seit etlichen Wochen gewartet haben. Nun, es erwartet uns wieder der geschliffene Dialog einer Screwball-Komoedie, noch irgendein tieferer Einblick in das Wesen zweier ploetzlich sehr unterschiedlicher Frauen. Zwei Absaetze, gaehn, dann versteckt Bre sich hinter einer Tuer und Mondra holt sich Bre 17-jaehrigen Sohn zu Hilfe. Sohnemann arbeitet als Biologe in einem Tierreservat in Indien. Jetzt wissen wir, dass Kinderarbeit in der LFT ueblich ist. Und dass die Energiekrise so gross nicht gewesen sein kann, denn das gesamte Areal des Reservats liegt unter einem Energieschirm. (Gut, dass das die Leute in Terrania nicht wissen!)

Der Saenger wird inzwischen grauslichst gemeuchelt, von G-O-Anhaengern, mit Zeugen. Aber das reicht natuerlich nicht, um zumindest eine einstweilige Verfuegung gegen den "Verein" zu erlassen. Und die Geschichte um den jungen Mann entpuppt sich so als reichlich heisse Luft ohne Bedeutung. Zu kurz abgehandelt, um unter die Haut zu gehen, zu lange, um einfach uebergangen zu werden.

Auch auf ihren Sohn hoert Bre nicht. Welch' Ueberraschung. Weitere leere Seiten, die so gefuellt wurden. Und dazu eine voellig teilnahmslose, unwirklich wirkende Konfrontation zwischen Mutter und Sohn. Mir draengte sich da der Eindruck auf, dass die entsprechenden Passagen nicht mal routiniert "heruntergespult" wurden, sondern absolut lustlos dahin- geschrieben wurden.

Sohnemann zurueck in sein Reservat. Ein kurzer Einbruch in den fast fertigen Tempel. Eine halbe Seite ueber Carlosch Imberlocks Hergang. Eine kurzfristige Festnahme. Die Enthuellung eines mysterioesen Buches ueber Gon-Orbhon, woher immer das auch kommen mag. (Aus einer Durckerpresse?) (Eine laue Erinnerung an das Buch der Liebe im Aphilie- Zukunft.)

Und die Entdeckung: Imberlock ist kein Mutant. Was Mondra seltsamerweise aufatmen laesst. Seltsam, denn die sichtlich beeinflussten Menschen tummeln sich doch auf den Strassen herum. Ein erkannter und entlarvter Gegner sollte doch besser zu handhaben sein als ein unbekannter, wiederum auf absehbare Zeit nicht greifbarer?

Egal, warum sollte in dem Heft _irgendetwas_ logisch sein?

Fazit: Eine Parodie? Aber dafuer ist doch Heft 2222 vorgesehen. Ein einziger Druckfehler? Sabotage von der Konkurrenz? Zuviele Leser, man will ein paar loswerden?

Oder wollte "man" nur auf Teufel komm raus, die notwendigen 50 Seiten fuellen?

Unter den grossen Heulern aller 2221 Heften nimmt der vorliegende sicherlich einen prominenten Platz im Spitzenfeld ein. Ein Abeneuer, das so richtig geeignet ist, Lust und Laune auf die kommenden Abenteuer mit Gon-Orbhon und seinen Gotteskriegern zu machen.

Fast 20 Mal habe ich versucht, den Heften des laufenden Zyklus auch etwas Positives abzugewinnen, aber diesmal will ich nicht. Es ist vielleicht an der Zeit, bestimmte Handlungsstraenge tatsaechlich zu boykottieren.

Ohne Smiley!

Rudolf

 

Dieses Visier wurde verfasst von Rudolf Thiess