Im Visier 2235

Zugrunde liegender Roman: Thomas Ziegler - Todesspiele

Plot | Teil 2 | Rezension

Vorbemerkungen und Plot

Vorbemerkung:

Es wird Zeit fuer eine kleine Laesterpause, deswegen hier das vorlaeufig letzte Visier zur laufenden Handlung.

Sichtlich gekuerzt diesmal, der Roman spricht ohnehin fuer sich selbst, und es gilt noch ein paar anderweitige Verpflichtungen in den naechsten Tagen zu erledigen.

Und da ich m.E. schon so ziemlich alles in vorangegangenen Postings gesagt habe, was von meiner Sicht aus zum Roman zu sagen ist, erlaube ich mir, weit mehr als sonst aus diesen meinen Postings zu zitieren. (Nicht nur das Fernsehen hat ein Privileg auf Widerholungssendungen. ;-) )

Und die schlechte Nachricht fuer harmoniebeduerftige und wunschlos glueckliche Leser unserer nicht unbedingt kleinen und nicht _immer_ feinen Serie: Ich habe die Absicht Ende Juli/ Anfang August, je nachdem wie lange ich zum Nachholen der dann angesammelten Hefte brauchen werde, mit neuen Laestereien fortzufahren.

Plot:

Nicht ein Narrenschiff sondern ein Narrencasino bildet den diesmal wenger wasserumtobten als vielmehr sonnengefluteten Hintergrund, vor dem sich das Schicksal zahlreicher Verdammter abspielt. Alte Rechnungen muessen bezahlt, alte Schulden beglichen werden, und ohne Schuld ist keiner im CASINO UNIVERSO.

 

Plot | Teil 2 | Rezension

Tei 2

Leider fiel diesmal der strengen Schere des Redakteurs die ungemein wichtige Einleitung und Gebrauchsanweisung des Romans zum Opfer, die eine paedagogisch und volkwirtschaftlich wichtige Warnung an die Leser haette sein sollen:

"Liebe grosse und kleine Jungs und Maedels: Lasst euch den nachfolgenden tragischen Roman eine Lehre sein, truegerische Gluecksspiele und verruchte Casinos in aller Welt zu meiden. Nur allzuleicht sind es nicht nur eure Brieftaschen, um die ihr erleichtert werdet. Da weder "Frankie und seine Spiessgesellen", "Ocean's Eleven" oder "Casino" ihre gesell- schaftspolitische Botschaft auf beabsichtigte Art und Weise verbreiten konnten, wollen wir hier die Milliarden Leser dieser gemaess Erlass des Unterrichtsministers zum Schulgebrauch zugelassenen SF-Serie in aller Welt ansprechen und bitten, neben der spannenden Actionhandlung die Botschaft dahinter nicht zu ignorieren.

Wer auf seine regelmaessigen Gluecksspiele dennoch nicht verzichten kann oder will, moege sich doch an unserer grossen Umfrage mit Gewinnchancen beteiligen, oder ein Los der guten, alten, buergerlichen, braven, ehrlichen Klassenlotterie kaufen, oder aber eine der entsprechenden Therapiesitzungen bei 9Live mitmachen."

"Ans Herz legen moechten wir euch auch unsere neue HI/Gon-Orbhon Kummermehrwertnummer. Fuer nur 3,69 E pro angefangener Minute erklaert euch Rainer Castor unterstuetzt durch sphaerische Klaenge ophalischer Saenger persoenlich (oder einer seiner eigens eingeschulten 280 Assistenten) die grossen Zusammenhaenge, 2 Milliarden Jahre kosmischer PR-Geschichte und die Hyperphysik hinter der HI. Und wer anschliessend eine kleine Frage zum Thema beantworten kann, nimmt an der Verlosung des Exposes zu Heft 2221 teil."

** eilmeldung *
* grosser variety bericht **
** martin scosese verfilmt grosses epos aus der in deutschland weltbekannten perry-rhodan mafia-saga **
** todesspiele - casino II **
** robert de niro als Kellborn **
** joe pesci als thaumaturgischer Alien Thau **
** sharon stone als Sgarde Norte **
** leonardo dicaprio als Stay Kalgandir **
** Jeremy Irons als Rogolov Traminer **
** und Till Schweiger als dritter Boesewicht von links **

Das Leben und Schicksal eines in einfachen Verhaeltnissen aufgewachsenen Mannes, der sich mit dem Teufel einlaesst und zum Teufel geht.

Alternative Titel: "Before Sunrise" "Nur die Sonne war Zeuge" "Traenen der Sonne" "Die Wiege der Sonne" "Das Boese unter der Sonne" "Montags in der Sonne" "Rivalen unter roter Sonne"

 

Plot | Teil 2 | Rezension

Rezension

Positives:

Ein "schrecklicher" Roman, der überhaupt nicht in die laufende Handlung paßt:

Stimmungsvolles TiBi, das sofort Lust zum Lesen macht. Und bereits auf der ersten Seite wird man in den Bann der Handlung gezogen. Figuren, mit denen man mitfühlen kann, tummeln sich auf den Seiten, das ganze sauber geschrieben, nicht der kleinste Leerlauf truebt das Tempo, keine einzige "nervige" Szene (was zuletzt nicht mal Leo Lukas schafft) durchbricht das Stimmungsbild. Obwohl abseits der Haupthandlung angesiedelt, mitnichten ein Lückenfüller.

Die "Todesspiele" schlagen, wenn man sich SF und nicht F von PR erwartet, jeden bisherigen Sternenozean-Roman um Längen. Nur der Maulwurf, zumindest beim beim ersten Auftauchen, spielt in derselben Liga.

Thomas Ziegler hat wieder mal gezeigt, daß er kein Teamspieler ist und einen unterhaltsamen, rasanten, sauberen, durchaus konsequenten und emotionalen Roman mit erkennbaren SF Elementen geschrieben, waehrend andernorts um die Wette gesungen, Wälder besucht, Tiger gejagt, Juristen beschäftigt, Ameisen dressiert, Sektierer aufgehängt, Gebäude gesprengt, Elefanten von der Leine gelassen werden.

Neutrales:

Ein WiVo ist im Team immer noch unerreicht, wenn es darum geht, Charaktere eindringlich und tragisch umzubringen. "Im Betondschungel", die beiden Terraner, die als raumschiffs- steuernde Hirne endeten, der sinnlose Tod Kroiterfahrns (sp?), oder Arlo Carbuccetis (sp?) stilles Sterben, zumindest mir zeigen diese Erinnerungen an, dass heute der Mut zu richtigen "Downern" zu fehlen scheint.

Nachdem die "Guten" am Schluss der Todesspiele gerettet wurden, muss man im Grunde schon von einem Happy End sprechen. Natuerlich mag ich die beiden Protagonisten, vielleicht sieht man sie wieder mal in einem anderen Heft auftauchen, aber viel "staerker" waere die Geschichte ohne Ueberlebende gewesen. Mit einem in sinnlosen Kaempfen zerstoerten Springerschiff, das luftleer durch das System treibt und einen fortlaufenden SOS-Hyperfunkspruch ausstrahlt.

Negatives:

Die Todesspiele selbst. Die ohne Vorwarnung und Erklaerung einfach begannen. Die fehlenden vorangestellten "Spielregeln" fuer den Leser. Warum halten sich anscheinend fast alle an diese Spielregeln mit unmittelbarer Todeskonsequenz fuer den Verlierer?

Waere ich durchtrainierter Boesewicht mit guten Kampf- und Schiesserfahrungen, ich wuerde eher auf eine Metzelei setzen als auf das Ziehen einer Karte.

_Da_ hat TZ ein paar wichtige Erklaerungen unterschlagen oder nicht liefern koennen.

Auch Gluecksspiele haben z.b. unterschiedliche Gewinnchancen. Beruhen zu einem groesseren oder kleineren Teil auf reinem Glueck oder auch Geschicktheit und Koennen. Manchmal helfen alleine ein paar Kenntnisse der Wahrscheinlichkeits- rechnung.

Selbst ohne die die vorherigen Spiele ohnehin sinnlos machende Endschiesserei war das Spiel um die Ueberlebensplaetze mehr plakativ und blutruenstig als "nur" aus der Situation her plausibel nachvollziehbar.

Es war _keine_ Situation, in der eine Gruppe von Leuten im Lauf der Zeit in die Barbarei zurueckfaellt und sich dementsprechend verhaelt. Sie wussten bis zuletzt, was sie taten; die Entscheidung per Gluecksspiel hatte anfangs durchaus etwas von einem "praktikablen" Auswahlverfahren an sich, nur dass der Gutmensch Kommandant die folgende Schlaechterei zuliess, passte kaum zu seiner vorher ordentlich geschilderten Persoenlichkeit.

1000 Spieler, viele gelten als Verbrecher, verhalten sich wie viktorianische Gentleman. Wer die schlechtere Karte gezogen hat erweist sich als guter Verlierer und ueberlaesst dem Gewinner die Chance auf einen Platz im Rettungsboot.

Das will ich alles so akzeptieren. Aber welcher Psychologe, welcher perfide Geist, hat es dann zugelassen, dass der Verlierer sich sofort oeffentlich hinrichtet oder hingerichtet wird?

Moegen viele oder alle mit sich selbst in Reine gekommen sein, sich dem Schicksal ergeben haben, aber wenn da die ersten Toten liegen, das Blut spritzt, _dann_ die Disziplin durchzuhalten - _das_ scheint mir nicht mehr "menschlich" zu sein. Da scheint mir der Roman nicht mehr unter Terranern, Arkoniden, Springern, Ertrusers und Galaktikern zu spielen.

Alleine die Tatsache, dass zum "Selbstmord" eine Waffe benoetigt wird, also 1000 bewaffnete Spieler eingeschlossen sind, in einer Extremsituation... in welcher Welt lebt oder hat der Kommandant des Casinos gelebt?

(Da ist das Massaker am Schluss dann nur allzu konsequent.)

Und wie grausam ist das erst gegenueber den "Gewinnern". Es wird fuer die meisten Menschen (da schliesse ich mal die Rhodanschen Aliens mit ein) schlimm genug sein, mit dem Wissen zu leben, dass 1000 andere sterben mussten, Frauen und vermutlich Kinder unter ihnen. Aber dann noch die Bilder der "Geschlachteten" vor sich zu sehen...

Wenn sich ein HGFscher Psychopath den Plan so ausgedacht haette, waere das glaubwuerdiger gewesen, als beim abgeklaerten, stillen und sympathischen Kommandanten von TZ.

Ein technisches Fragezeichen, wie die das zentrale Faktum, dass nur ein paar Dutzend Leute vom Rettungsboot aufgenommen werden koennen, macht mir weniger zu schaffen. Ein 80 Meter Boot duerfte bei aller Low-Tech Bepackung noch immer viele Gaenge und Crew-Kabinen haben, in die sich _wesentlich_ mehr Leute hineinquetschen lassen, wenn's wirklich um Leben und Tod geht. Sauerstoff und Nahrungskonzentrate kann man vom Casino mitbringen. Ebenso Beruhigungsmittel, Sedativa und Mittel gegen Kraempfe, Thrombosen oder Psychopharmaka. Im Extremfall kann man wohl auch auf das Schwerefeld verzichten und die Leute schweben lassen. Verletzungen, Knochenbrueche und sogar toedliche "moegliche" Unfaelle nimmt man gezwungenermassen in Kauf.

Fazit:

Es spricht ungemein fuer Thomas Ziegler, dass man beim Leser fast ueber diese "Kleinigkeit" hinwegsehen kann, aber in der Nachbetrachtung scheint mir _der_ zentrale "Schnitzer" (wie ich ihn sehe) immer deftiger zu werden.

TZ hat fuer einen Heftroman sicher "viel" herausgeholt, aber es waere noch mehr moeglich gewesen. (Auch wenn das vielleicht kommerziell abetraeglich gewesen waere, zu anspruchsvolle Inhalte nicht wirklich gewuenscht sind. Aber es ist halt nicht mein Anliegen, fuer das Marketing und die Steigerung der Auflage zu sprechen.)

Ein Doppelroman mit tragischem Inhalt und nur einem Hauch von versoehnlichem Ausblick haette mir hier besser gefallen als bei der wesentlich uninteressanten Befreiung von Shallowain auf Hayok.

Und ich kann Klaus Frick nur sehr ans Herz legen, diesem Gastautoren ein Angebot zu unterbreiten, das er nicht ausschlagen kann. ;-) Damit ein zweiter Autor fuer PR schreibt, dessen Name _alleine_ schon Grund ist, sich das Heft zuzulegen.

 

Metadaten

Dieses Visier wurde verfasst von Rudolf Thiess

Die aktuelle Version wurde am 22. July 2006 in die Datenbank eingepflegt

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