Im Visier 2252

Zugrunde liegender Roman: Arndt Elmmer - Welt der Ursuppe

Plot | Teil 2 | Rezension

Vorbemerkungen und Plot

Oder "Das Trauerspiel, das in der Suppe ertrank".


Plot:


Die im Trueben sieht man nicht, schon gar nicht, wenn sie
in der planetaren Ursuppe untergetaucht sind. So denkt wohl
auch unser alter Gourmet Atlan, als er ohne Plan und Furcht
aufbricht, eine weitere Schildwache fuer die bevorstehenden
Kroenungszeremonien der neuen Schildherren, die natuerlich
gaaanz zufaellig Rhodan und Atlan heissen sollen, aufzuwecken.
Es geht eben nichts ueber ein Spalier applaudierender Wuerdentraeger,
exotisch und doch vertraut, ebenmaessig, aber auf keinen
Fall geworhnlich, von edler Herkunft, aber nicht degeneriert,
die zudem die Einschaltquoten der Feierlichkeiten ganz
entschieden zum positiven beeinflussen koennen. (Nach dem
Debakel der geplatzten Bully-Hochzeiten, die nur auf
terranische Provinzprominenz setzte, moechte der RTL-Chef
1332 NGZ diesmal auf Nummer Sicher gehen.)

Zu Wasser, zu Lande und in der Luft sind die bereit der
kybernetischen Jamondi-Baggage zu zeigen, was eine
galaktische Harke ist. Wobei das zunehmend konfusere
Herumschwimmen in der Suppe wohl mehr und mehr aufs Gemuet
und die Intelligenz der kuehnen Sucher schlaegt, sodass sie
nicht mehr erkennen, dass sie selbst es sind, die von einer
uebergeordneten Macht durch den gar milchigen Kakao gezogen
werden.

Von Teletubbies geklonte Kybbs und galaktische Helden im
Ausgedinge wetteifern darum, wer schneller und ausdauernder
wegschauen und Augenschliessen kann.

Nachdem der expokratische Zauberstab eine zeitlang in der
Suppe herumgeruehrt hat, verlassen die Pappenheimer aus
dem Textverarbeitungsprogramm den Ort des Grauens zwar
um keine Erfahrung aber um einen weiteren Statisten reicher.


Und die Moral von der Geschicht': Mit Suppen spielt man nicht!

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Endlich mal ein Roman fuer all die vielen grossen und kleinen
Suppenschluerfer, die zweifelslos eine bisher straeflich
vernachlaessigte Zielgruppe darstellen.

Als bekennender Suppenliebhaber darf ich die Frage stellen:
Was koennte es Schoeneres geben als eine ganze, fremde,
exotische Welt voller aromatischer Suppeneinlagen, zubereitet
von einem erfahrenen Chef de cuisine?

Eine herbe Bouillabaisse Marseille, oder eine Soupe È l'oignon
Parisienne, eine analusische Gazpacho aus Zwiebeln, Paprikaschoten,
Tomaten und Knoblauch, eine deftige Gulaschsuppe, eine fern-
oestliche Wonton-Suppe, schlagen da nicht alle Geschmacksnerven
in heller Vorfreude ob gar exotischer Gaumenfreuden an?

Als bekennender Suppenliebhaber darf ich die Frage auch beantworten!

Eine schlichte, einfache Leberknoedelsuppe, eine herzhafte
Gemuesesuppe oder auch nur der aufgewaermte Suppentopf
zwischendurch. Wenn letztere warm und nicht nur kalt,
ausreichend gewuerzt und nicht bar jeden Geschmacks sind.

Was schmeckt die schoenste exotische Suppe, wenn sie mangels
Gewuerze nicht mal versalzen ist, sondern schal und ohne
sinnvolles Rezept zusammengeruehrt wurde?

======

Zwar keine 24 Ansichten des Fujiyama, von Hokusai, aber
immer noch Drei Ansichten eines Romans, der nicht ueber
seinen Tellerrand hinaussehen will, unterstellt von einem
Noergler von sorglosem Naturell...

 

Plot | Teil 2 | Rezension

Tei 2

Die Ansicht des Lesers:

Der Perrykaspar


Der Noergler, der war kerngesund,
ein alter Leser und kein junger Spund,
er hatte Macken gross und grell
den Roman las er huebsch und schnell.
Doch einmal fing er an zu schrei'n:
"Ich lese keinen Perry! Nein!
Nein, diesen Perry les ich nicht!"

Und naechste Woche, ja sieh nur her !
Da war er schon viel gemeiner.
Da fing er wieder an zu schrei'n :
"Ich lese keinen Perry! Nein!
Ich lese meinen Perry nicht!
Nein, diesen Perry les ich nicht!"

Die dritte Woch, o weh und ach!
Wie ist der Noergler boes und schwach!
Doch als das Heftel kam herein,
gleich fing er wieder an zu schrei'n :
"Ich lese keinen Perry! Nein!
Ich lese meinen Perry nicht!
Nein, diesen Perry les ich nicht!"

Und vierte Woche endlich gar,
der Noergler wie ein Junkie war.
Er motzte noch ein letztes 'sapperlot',
und war am fuenften Tage tot.

---------

Die Ansicht des Autoren:


"Moin, moin, Atlan. Ich weiss, dass es nicht ueblich
ist, wenn Autoren sich an ihre Figuren wenden. Andersrum
soll es ja schoen oefters vorgekommen sein, was nebenbei
auch zum boomenden Absatz dieser gestaerkten Hemden mit
am Ruecken zu verknotender Aermel gefuehrt hat, aber dir
kann in dieser Hinsicht natuerlich nichts geschehen, da
steht das Marketing davor, das noch viele Minizyklen unter
deinem Namen verkaufen will.

Ich will dich auch nicht lange aufhalten, schliesslich bist
du zur Zeit eine sehr beschaeftige V.I.P. Ich wuerde dir
bei dieser Gelegenheit ja gerne auch deine angesammelte Fanpost
mitschicken, aber Klaus rueckt sie einfach nicht raus. Erstens,
meint er, muesstest du zum Lesen und Beantworten der ganzen
Container mehrere Zyklen auslassen und in Klausur verbringen,
und zweitens wuerde dein Kumpel Perry sich ungemein kraenken
und zurueckgesetzt fuehlen, wenn er herausfindet, dass _seine_
Fanpost aus einem einzigen Brief besteht, und selbst da hat
ihn ein kurzsichtiger Altleser mit Jerry Cotton verwechselt.

Ich meine ja, dass unsere Leser nach zwei Zillionen Heften
mit Kantiran endlich eingesehen haben, was sie mit dir fuer
einen tollen Helden haben.

Und da bin ich auch schon bei meinem Thema. So ein toller
Held wie du, zweimal zehntausend Jahre alt, nach all den
Scheer, Kneifel und Castor-Abenteuer, als jemand, der alles
ueberlebt und ueberstanden hat, da brauchst du doch keinen
unterbezahlten, uebernaechtigten und gestressten Autoren,
der dich durch jedes kleine Abenteuer auf irgendwelchen
Hinterweltlerplaneten leitet. So ein kleiner Ausflug in die
Ursuppe am Ar... der Galaxis, den leitest du dich blind
mit verbundenen Augen, was soll ich mir da schon an grossen
Herausforderungen fuer dich ausdenken?

Deswegen schicke ich dir einfach das Expose von Robert direkt
an deine Jamondi-Addresse. Mach' einfach, du wirst sehen, es
wird dir Spass machen. Heisst es nicht ohnehin so oft, ihr
Helden haengt dauernd an irgendwelchen unsichtbaren
dramaturgischen Schnueren von uns Autoren?

Ich brauche das bisschen Freizeit wirklich dringend, ich habe
schon ein paar Extra-Sitzungen bei meinem Therapeuten gebucht,
damit er mir hilft, mich preventiv vor diesen boesartigen,
jenseits der Guertellinie liegenden Angriffen dieses
selbsternannten Noergler vorzubereiten, die regelmaessig, so
sicher wie das Amen nach jedem Gebet, kommen. Wir haben schon
mit Spinnen, Schlangen, Taranteln und Karl-Moik-Postern
guebt; es waere doch gelacht, wenn ein Autor nicht auch
seine archetypischen Leser-Aengste in Griff bekommen wuerde...

Vielen Dank fuer dein Verstaendnis,
dein Arndt"


---------

Die Ansicht des Helden:

"He du da, ja du, bist doch ein intelligenter, sportlicher
klei.. aeh grosser Motana-Krieger. Deswegen habe ich einen
Auftrag fuer dich. Setz' doch mal diese weisse Langhaar-
Peruecke auf. Ja, sitzt eindwandfrei.

Was haelst du von einer Hauptrolle in einem grossen galaktischen
Epos? Die Groupies werden Schlange stehen, Hollywood wird
rufen, und Sindelfingen sowieso. Und du musst nur einen
klitzekleinen Ausflug machen. Irgend so ein Planet, ausser
Suppe gibt's dort nicht viel, vielleicht ein paar Erzbrocken,
du musst dort nur ein wenig spazierengehen, dir die Landschaft
ansehen, vielleicht eine kleine Zugfahrt, oder einen Segeltoern
unternehmen, und eine alte Bekannte von mir abholen. Addresse
habe ich zwar keine, aber solche Hinterhofwelten sind nie
sehr gross, da kennt jeder jeden, glaub mir, ich weiss, wovon
ich spreche.

Ja, ja, Zephy kommt mit, und keiner wird es bemerken. Nach
meinen kleinen Abenteuern auf der SOL sind unsere Leser
ohnehin einiges gewohnt, und in der Suppe sieht man auch
nicht besonders weit.

Was ich in der Zwischenzeit mache? Na, ich suche noch einen
zweiten Idio... aeh... ehrgeizigen jungen Mann, der die
naechsten paar Monaten den alten Perry doubelt. Und dann
schreiben wir unsere eigene SF-Serie: Die Abenteuer einer
kleinen verwegenen Schar verfolgter und verkannter Autoren, die
inmitten einer feindlichen Grosstadt ihre eigene Serie auf den
Markt bringen wollen. Das muss ein Erfolg werden..."

 

Plot | Teil 2 | Rezension

Rezension

Positives:

Eines meiner Anliegen ist es, zu _jedem_ Roman auch
ein paar nette, liebe, positive, motivierende Dinge
zu sagen. (Ohne dabei in Nettigkeitsfloskeln oder
Lügen zu entgleiten.)

Bei der "Ursuppe" fällt mir das leider ziemlich schwer.
Aber... beim Rennen um den bisher schlechtesten Zyklus-
roman hätte die Nummer 2252 (bei mir) keine Chance.
Zu übermächtig ist da die Konkurrenz von 2221 und 2239.

Die Befreiung der dritten Schildwache ist nebenbei auch
nicht gerade ein zyklenprägender Stoff. (Immerhin hat die
Zyklusplanung aus dem Burgen- und dem späteren Spindelwesen
Zyklen gelernt, dass die sequentielle Abarbeitung von zu
vielen Puzzlesteinchen schnell monoton wird und uns
diesmal nur drei Einzel-Schnitzeljagden zugemutet.)

So bleibt ein Roman von bescheidener Spannung mit bescheidenem
Inhalt auf einem eher bescheiden exotischen Planeten mit
reichlich gesichtslosen Widerparten für unsere Helden. Und
die Ahnung des unzufriedenen Lesers, dass es hätte weit
schlimmer kommen können. Etwa indem ein für seine ausgedehnten
Action-Sequenzen bekannter Autor die lange, fast das halbe
Heft einnehmende Exposition gestrichen hätte, um sofort
mit der Kasperliade auf dem Ursuppenplaneten zu beginnen.

Denn diese erste Hälfte, ohne besonders aufregend zu sein,
war durchaus lesbar. Ein neuerlicher Einblick in die Welt
der Besch, die vielleicht als raumfahrendes Volk nicht
besonders überzeugend sind, aufgrund ihrer fast liebens-
würdigen Skurrilität, aber doch eine Bereicherung für den
eher kargen Humorfaktor der Serie darstellen könnten. (Ob
da aber ausgerechnet ArEl, zu dessen schriftstellerischen
Akzenten - und Interessen - ich weder Klamauk- noch
Schmunzelromane zähle, die geeignete Wahl war, bezweifle ich
ein wenig.)

Bis zur Landung des Einsatzkommandos "Ursuppe" lasse ich das
Heft gerne als routiniertes Abenteuer ohne besonderen
Originalitätsanspruch gelten.

Was sich aber, leider, schlagartig ändert, als Atlan und Co.
endlich festen Boden unter den Füßen haben.


Neutrales:

Ein Roman, den zu lesen sich bei mir über eine Woche hinstreckte,
den könnte ioch natürlich als "an mir vorbeigeschrieben" abtun
und höflich in die neutrale Ecke verbannen, aber manchmal
erlaube ich mir halt, ungehalten zu sein, und der "Nebensache"
Perry Rhodan mehr Gewicht zu verleihen, als eigentlich
angemessen wäre. Deshalb sehr subjektiv, und damit kein
Mißverhältnis zum deutlich gelungeren Böhmert-Roman der
vorigen Woche entsteht, auch diesmal alle weiteren Bemerkungen
unter der bösen Überschrift:

Negatives:

Ist es Zufall, dass ausgerechnet in diesem Heft ein Report mit
einem kurzen Artikel ueber Schreibwerkstätten zu finden ist?
Soll damit das vorliegende Atlan-Abenteuer ergänzt, konterkariert
oder kommentiert werden?

Ich erlaube mir einmal, einige der in dem Bericht angegebenen
Tipps und Regeln für erfolgreiche Autoren in den Raum zu stellen.

-- "Denn sie wissen nicht, was ihnen blüht"

Das gilt wohl sowohl für die Teilnehmer an den angesprochenen
Autorenwerkstätten als auch für Atlan und seine Einsatzgruppe
auf der Suppenwelt. Ein alter Haudegen mit generationenlanger
Erfahrung, der eine Mission zu erfüllen hat, an deren Ausgang
das Schicksal einer ganzen Milchstraße hängen könnte...

Der wird doch sicher einen Plan haben, und einen Plan B falls
Plan A scheitert, und sich gut vorbereiten, erst mal aus
sicherem versteck aus, Informationen sammeln, zuerst denken
und dann schreib... äh... agieren.

-- "Man schreibe so einfach wie möglich"

Ein Ratschlag, den Atlan auf's Wort befolgt. Sein Plan ist so
einfach wie nur vorstellbar. Landen, durch die Gegend wandern
und Schildwache suchen. Vielleicht gibt's ja hilfreiche
Ortsschilder oder Passanten, die man höflich fragen kann.

-- "Der Schriftsteller ist verantwortlich, wenn die Leser ihn nicht
verstehen und nicht umgekehrt."


Nun, ich habe den Schriftsteller diesmal recht gut verstanden,
intellektuell überfordert war ich bei der Suche nach der
schlafenden Wache kaum. Ein schöner sequentieller Suchalgorithmus:
Mache ein paar Schritte, schaue dich um, wenn Objekt gefunden,
Abflug; ansonsten zurück zu Schritt eins. Kein verwirrendes
Geschreibsel um binäres Suchen, oder mit Heap-Sort vorsortierte
Felder.

-- "Beherrsche die Form, bevor du sie sprengst."

Die Form wurde sicherlich nicht gesprengt. Gut getarnt und nur
die allernötigsten Schießereien durchführend, schleichen Atlan
und Co sich durch das Spielfeld. Zu gut überlegten Momenten
dann die Umblende in das Schiff der Besch, in dem die bösen
Kybb das Unterste zuoberst kehren, aber die Suche nach
vermuteten Irgendwassen (so genau wollten sie sich wohl nicht
festlegen) im letzten Moment doch ergebnislos abbrechen.

-- "Es gibt lange Gesichter"

Ja, mein Gesicht wurde länger und länger als Atlan und Co sich
zu Lande, zu Wasser, zu Fuß, per Zug oder Schiff, durch die
trübe Suppe schlichen. "Wir kaufen uns eine Gruppen-Netzkarte",
sagte Atlan ziemlich schnell. Was für einen echten Spion wohl
gar keine schlechte Idee ist; in einem SF-Abenteuerroman voller
Exotik und Spannung aber schon ein wenig hausbacken wird. Und
nur gut, daß die alte Arkonide und seine Truppe gaaanz
unauffällig wirken, das die Kybb zwar landende Schiffe durchsuchen,
ihre Bahnhöfe aber für keine Kontrolle wert halten. "Auf zur
Küste. Wir entern den Zug!" Aber Atlan, wer in Besitz einer
Netzkarte ist, kann so einen Zug doch völlig legal betreten!

Sehr modern scheint das Schienensystem der Welt, auf der immerhin
mittlerweile ziemlich wertvolle Kristalle abgebaut werden, nicht
zu sein. Was in Zeiten der HI ja noch erklärt werden kann. Dennoch
wird mein Gesicht noch eine Spur länger als "Wir warten bis kurz
vor einer Weiche. Als der Einschienenzug verlangsamte, sprangen
wir ab." Was in den Beförderungsrichtlinien für Passagiere kaum
erlaubt sein dürfte. "Lokomotivführer ... zählte mit
Sicherheit nicht zu den bevorzugten Berufen bei diesem Volk.
Vielleicht handelte es sich ja um Posten für Sträflinge."
Ja, absolut vernünftigt. 'Mein lieber Sträfling,f ahr mal kurz
diesen Zug zur Westküste des Kontinents.'

Ach ja, die HI, die soll wohl als Erkklärung für so manches
herhalten. Ein automatisches Zugleitsystem ohne Syntroniken
ist ja unvorstellbar. Und wir war das vor ein paar Monaten, vor
der HI? Auch Sträflinge? Ode wurden die auf die Schnelle als
Notlösung eingeschult?

"Wir stiegen unbemerkt auf den Zug." "Wir verlassen den Zug und
wechseln die Richtung." "In welche Richtung sollen wir uns
wenden?" "Es war eigentlich völlig egal. Die Chancen standen
in beiden Richtungen fünfzig zu fünfzig." All das innerhalb
einer Seite. Ist es unfair von mir anzunehmen, dass hier im
Grunde "Seiten geschunden" wurde?

-- "Wer übrigens glaubt, ein Schriftsteller setzt sich vor
den Computer und beginnt eine Geschichte zu schreiben, irrt!"


Soll das heißen, die "Welt der Ursuppe" ist tatsächlich geplant
entstanden? Ich habe ja Verständnis, wenn aus irgendwelchen
Gründen (Zeit, Motivation, Vorlage) ein Autor schnell mal
irgendwelche halbwegs sinnvollen Sätze in seine Textverarbeitung
eintippt. Dann darf das Ergebnis auch dementsprechend
ausschauen. Bei einer vernünftigen Planung sollte das ein
klein wenig anders aussehen.

"Am Morgen des zweiten (Tages) waren wir auf den verkehrten
Zug geklettert." "Wir hatten uns Fahrt parallelt zur Küste
fortgesetzt, hatten abr die einzige vorhandene Abzweigung
verpasst."

Bravo Atlan! Und das innerhalb von einem Absatz, bzw. drei
Sätzen.

"Wir fuhren mitten durch eine Sperrzone."

Ach wie schön, eine Sperrzone. "Wir hatten es zu spät gemerkt."

Ich wünschte, ich wäre (als Leser) hier noch überrascht gewesen.

Immerhin werden die bösen Kybb nun aktiv, kommen den Fremden
trotz ihrer Netzkarte auf die Spur. "Die Soldaten trampelten
über die Decks." Uff, da werden sie die Spuren wohl schnell
niedergetrampelt haben!

-- "Eine Geschichte ist die Veränderung einer Person, die durch
einen Konflikt erzwungen wird. Existiert keine Veränderung,
existiert keine Geschichte."

(Eine schöne Definition, die hier aber ein wenig zu absolut
in den Raum gestellt wurde. Schließt sie doch eigentlich eine
recht große Menge von PR-Romane aus!)

Die Seite 50 des Romans ist erreicht, die Person, die einer
Veränderung unterworfen ist, noch nicht aufgetaucht. (Atlan und
Co. können kaum gemeint sein.)

Aber da schlägt das Schicksal zu und Atlan findet einen
eventuellen Verbündeten, der, welch Zufall, ein alter Besch ist.
Dessen Verwunderung über wieder lebende Schildwachen, Bionische
Kreuzer, etc. reichlich schwach ist. Ein wahrer Sofortumschalter.

"Wir sind durch Zufall auf diese schwimmende Fabrik verschlagen
worden", sagt Zephyda. - Nun, wie auch sonst? Kaum durch
Planung oder mit Absicht! Meldet sich der bereits recht ungehaltene
Nörgler im Leser zu Wort.

"Kennst du eine Möglichkeit, wie wir schnell an Land kommen?"

(Radier' einfach einen Absatz im Expose aus. Aber Atlan scheint
meine telepathischen Ratschläge nicht zu hören.)

Am nächsten Morgen kommen unsere Helden dem Ziel schon sehr nahe.
"Gewöhnlich wimmelt es hier nur so von Bewaffneten." "Keine
Sicherheitssysteme." "Irgendwie war es verständlich, denn
wo sollte auf Etabe ein Gegner oder Saboteur herkommen?"

Vor allem befinden wir uns schon auf Seite 57, da ist kein Platz
mehr für solche Kleinigkeiten und unwichtige Hindernisse, die
unseren Recken ohnehin überwinden würden.

"Die Soldaten verwendeten Feststoffgeschosse. Das machte uns das
Leben besonders schwer." Ja, Atlan, ein lichtschneller Strahler
wäre viel angenehmer gewesen. Außerdem hast du es in drei Seiten
ohnehin geschafft. Wer wird sich jetzt noch Sorgen machen?

-- "Genauso wichtig wie der Held ist der Bösewicht."

Bösewicht? Ja, wo ist denn der eigentlich abgeblieben? Vermutlich
in der Ursuppe ertrunken, oder in der Schlange der "Bad Boys for
Rent", die bei Robert Feldhoff Schlange stehen, um bei Letoxx
als Handlanger anfangen zu dürfen.

Während sich die Situation zuspitzt, die Kybb unsere Helden unter
Beschuss nehmen, diese die Schildwache aufwecken wollen, ist ein
guter Moment für ein paar Gedanken.: "Perry und Lyressea waren
vermutlich längst nach Tom Karthay zurückgekehrt...."

Ja, das ist die richtige Information an der richtigen Stelle, nur
ein besonders schlimmer Lesernörgler schüttelt ratlos den Kopf
und es fällt ihm recht leicht, den Roman wieder mal für einen
Tag zur Seite zu legen.

24 Stunden später: Rorkhete, nach dem Konsum zuvieler Rambo-Filme
wieder mal als Bogenschütze unterwegs hält die heranstürmenden
Kybb in Schach, während Atlan sich um die erwachende Schildwache
kümmert. Ein kurzer Nebengedanke, warum die Kybb sie in mehreren
Jahrtausenden nicht gefunden haben, so toll erscheint mir das
Versteck auch nicht gewesen zu sein.

Die Flucht beginnt.

"Atlan, die Züge!"

Na klar, die Netzkarte gilt noch immer, so kommt man sicher
unbemerkt vom Tatort weg. Auch ein Kybb-Raumschiff, das mehr oder
weniger zufällig des Weges kommt, scheut davor zurück, dem
Star-Helden Atlan unliebsam aufzufallen.

"Wir schaffen es nicht!"

Ach, Atlan, schon wieder mal die Exposes der nächsten Wochen nicht
gelesen?

"Abspringen!" SO schnell es ging, suchten wir den nächsten
Schienenstrang auf, der dreißig Meter entfernt verlief und
ebenfalls nach Westen führte. Wir erwischten einen Zug, der
wenig später vorbeikam. Ihm fehlte die Hälfte aller Waggons.
Aber der Lokführer lebte. Das war in solchen Zeiten ein
unschätzbarer Vorteil..."

Da flossen die Tränen des Rezesenten bereits bitterlich. Oder
aber ist das der Versuch eines deutschen Autoren, in die
Fußstapfen eines Douglas Adams zu treten? Slapstick pur?
Ja, ein lebender Lokführer ist schon etwas Tolles.

"Zwei Stunden später wechselten wir erneut den Zug."

Wie schön, daß die Kunde von den seltsamen Ereignissen
und Schießereien bei der Schildwachen-Erweckung nicht um den
Planeten gegangen ist, dass das Gelände nicht abgeriegelt
wurde, die Züge nicht gestoppt wurden, dass Kybb-Raumschiff
nicht aktiv wurde, keine planetare Sperreverhängt wird,
dass unsere Helden dann zu Fuß das wartende Raumschiff
erreichen und von dannen fliegen.

Und wie nett, dass der gefundene Besch der verlorene Vater
des Kommandanten des Besch-Raumschiffes ist. Der wiederum
zwischendurch Funksprüche von seinem Besch-Chef bekommen
hat, die Rebellion der Motana zu unterstützen, den Fremden
alle Hilfe zu gewähren. Wie nett, dass die bösen Kybb so
nett sind, fremden Funksprüchen nicht zu lauschen.

"Ich war schon gespannt, wie erfolgreich Perry und seine
Begleiterin Lyressea gewesen waren.", beenden Atlans
regelrecht historischen Gedanken den Raum. Ein Satz, der
so ähnlich so manchen meiner alten Schulaufsätze
abschloß. ("Ich war schon gespannt, wohin unser nächster
Schulausflug gehen würde.")


Fazit:


Das Leben, ein Traum; die Welt der Ursuppe, ein Alptraum!

Zuviele Züge verderben den Fahrplan.

Und die Höflichkeit gebietet mir, nicht nach geeigneteren
Worten für die zweite Hälfte dieses Romans zu suchen.

ArEl hat in diesem Zyklus bereits einige ansprechende Romane
geschrieben, und auch seine schwächeren Beiträge zum Zyklus
fielen nicht übermäßig negativ aus. Wollen wir 2252 als
hoffentlich einmaligen Ausrutscher gelten lassen.

(Und vorausschauend: Sein kommender "Mikrodieb" ist trotz
etlicher Seltsamkeiten ein großteils angenehm lesbares,
flüssiges Weltraumabenteuer geworden. Da mag er über diesen
einen unbarmherzigen Verriss schon hinwegkommen.)

-- "Ein wirklich guter Bösewicht ist jener, von dem die
Leser sich wünschen, dass er am Ende des Romans für seine
Gemeinheiten büßt."

Für den Autoren wiederum dürfte der wirklich böse Bösewicht
der nörgelnde Rezensent sein, der am Ende des Verisses
auch einmal büßen muss. Aber von diesen modernen Variationen
zeitgemäßer Schreibkunst halte _ich_ natürlich rein gar
nichts...

 

Metadaten

Dieses Visier wurde verfasst von Rudolf Thiess

Die aktuelle Version wurde am 22. July 2006 in die Datenbank eingepflegt

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